1. Mai - Ohne freie Presse - keine Demokratie!

Ende März hat die türkische Plattform für unabhängigen Journalismus 155 in der Türkei inhaftierte Journalistinnen und Journalisten aufgeführt. Die wenigsten kennen ihre konkreten Anklagepunkte. Der Mehrheit wird Propaganda für eine terroristische Vereinigung vorgeworfen, was mit langenjähriger Haft bestraft werden kann. Das türkische Innenministerium vermeldete am 26. Februar, dass 845 Menschen verhaftet worden seien, die auf sozialen Medien Propaganda verbreitet hätten. Ihr Vergehen: sie hatten gegen den Einmarsch des Militärs in den syrisch-kurdischen Kanton Afrin protestiert.

Demgegenüber konnte Präsident Erdogan im Januar feststellen: «In Sachen Pressefreiheit, neueste Kommunikationstechnologien, soziale Medien und Internetjournalismus ist die Türkei heute eines der führenden Länder der Welt.» Purer Hohn angesichts der andauernden Entlassungen, Einschüchterungen, Verhaftungen und Schliessungen von zahlreichen Zeitungen sowie TV- und Radiostationen.

Im Herbst 2016, wenige Wochen nach dem fehlgeschlagenen Putsch, wurden in der Türkei und Nordkurdistan insgesamt 12 TV- und 11-Radiosender aufgrund des Ausnahmezustands geschlossen und die Angestellten entlassen. Es handelte sich vornehmlich um Medien, die in kurdischer Sprache gesendet und kritische Positionen zum Regime Erdogan vertreten haben. «In diesem Land nimmt die Intoleranz gegenüber anderen Stimmen und Meinungen täglich weiter zu. Neben den kurdischen will die AKP-Regierung alle Medien im Land zum Schweigen oder unter ihre Kontrolle bringen, welche eine abweichende Meinung vertreten», schreibt eine Gruppe von Journalistinnen und Journalisten, welche sich nicht mit dieser Entwicklung abfinden wollen. Sie haben deshalb eine Medienplattform gegründet, die in verschiedenen regionalen Sprachen darüber berichtet, was im Rest des Landes tabu ist.  Und sie zählen auf unsere Solidarität, denn: «Ohne freie Presse wird es in diesem Land keine Demokratie geben.» Dies gilt auch für die Journalistinnen der Nachrichtenagentur von Frauen Jinha, die per Dekret bereits zweimal geschlossen worden ist: «Wir geben nicht auf und werden weiterhin über die Anliegen der Frauen berichten.»

Medienschaffende fordern Gewerkschaftsrechte und Informationsfreiheit. Foto: REUTERS/ Osman Orsal

Medienschaffende fordern Gewerkschaftsrechte und Informationsfreiheit. Foto: REUTERS/ Osman Orsal